Wer nur Anfänger beschäftigt oder beschäftigen möchte, der zahlt am Ende drauf
Unternehmen, die schnell wachsen oder wachsen wollen, haben oft Schwierigkeiten, schnell genug neues, qualifiziertes Personal zu finden. Oft setzen sie dann auf junge, günstige oder unerfahrene Mitarbeiter. Der Interim Manager und Berater Henry Baase geht bei seinen Kunden einen anderen Weg.
Magazin: Herr Baase, Sie sagen: „Für mich ist Schluss mit Praktikanten oder günstigen Fachkräften.“ Warum?
Henry Baase: Ich bin aus dem Alter raus, in dem ich ständig einen jungen und unerfahrenen Hühnerhaufen dressieren möchte. In Start-ups ist es oft üblich, auf Probleme unerfahrene Mitarbeiter anzusetzen.
Magazin: Klingt, als hätten Sie schlechte Erfahrungen gemacht.
Henry Baase: Als Interim Manager und Berater habe ich kleinere Unternehmen und zahlreiche Start- Ups mit aufgebaut. Personal in ein junges Unternehmen zu holen, wenn man noch nicht so viel zu bieten hat, ist seit Jahren ein wichtiges Thema für mich. Eine Firma steht und fällt mit einem guten Team, da kann die Geschäftsidee noch so toll sein. Als ich für ein bekanntes Weingut angefangen habe, war für mich klar: Ich will nur noch Mitarbeiter, die wissen, was sie tun.
Magazin: Können Sie das näher erläutern?
Henry Baase: Ich bin total begeistert, wenn ich in einem Meeting sitze und merke, dass mein Gegenüber versteht, wovon ich rede und was ich von ihm will. Der marschiert dann los und hat viel, viel bessere Arbeitsergebnisse, weil er weiß, worum es geht. Wir wollen die Probleme smart lösen. Dafür brauche ich Leute, die die Prozesse verstehen. Am Ende sind es dann oft nur noch ein oder zwei Leute, die mit dem notwendigen Knowhow ausgestattet, dasselbe Ergebnis erzielen. Wir sind sogar schneller mit weniger Leuten.
Magazin: In Berlin gibt es Unternehmen, die fast ausschließlich von Praktikanten betrieben werden.
Henry Baase: In der Start-up- Gründer Szene ist das teilweise verrückt. Manche Mitarbeiter haben pompöse Titel – Head of Marketing, Head of Sales. Dabei haben sie teilweise nur einen Praktikantenarbeitsvertrag. Da wird fehlendes Gehalt mit Titeln kompensiert. Wer schlecht bezahlt wird, der kriegt einen tollen Jobtitel. Dementsprechend ist aber auch die Qualität der Arbeit, die nach draußen abgeliefert wird.
Magazin: Wie finden Sie Ihre Leute?
Henry Baase: Ich bin sehr wählerisch. Ich will Teams, die einen guten Mix haben, weil ich glaube, dass sich Menschen, die verschieden sind, gegenseitig befruchten. Dann gehe ich immer nach zwei Kriterien: Ganz oben steht fachliche Kompetenz. Genauso wichtig ist aber, dass die Person zu uns passt. Ich glaube, das wird in vielen Firmen vernachlässigt. Da wird nur auf die Kompetenz geguckt. Ich frage also: Kann die Person den Spirit dieser Firma transportieren? Glaubt diese Person an das Geschäftsmodell?
Magazin: Wer nur Topleute will, braucht bei der Suche einen langen Atem.
Henry Baase: Ich würde lieber langsamer einstellen, als dass ich nochmal bei irgendwem einen Kompromiss mache. Ich will nicht morgens in das Unternehmen kommen und denken: „Meeting jetzt mit dem? Oh Gott, da habe ich ja gar keine Lust drauf.“ Tolle Leute kreieren einen tollen Spirit – und den braucht man in einem Start-up oder kleineren Unternehmen.